Wolfgang Leopold Lauinger

* in Zürich
† 20.12.2017 in Frankfurt am Main

Angelegt am 21.12.2017
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Leben und Wirken

21.12.2017 um 10:04 Uhr von Redaktion

Wolfgang Lauinger wurde als zweiter Sohn des jüdischen Journalisten Artur Lauinger und seiner christlichen Ehefrau Mathilde geboren. Die Familie lebte in Frankfurt am Main. Die Ehe der Eltern wurde 1924 geschieden. Die Söhne wuchsen beim Vater auf, der 1928 Emilie Moos heiratete.

Artur Lauinger war seit 1906 für die Frankfurter Zeitung als Wirtschaftsredakteur tätig. 1937 wurde er als Jude entlassen; er selbst vermutet in seinen Memoiren, er sei der letzte jüdische Journalist gewesen, der bis zu diesem Zeitpunkt „im Reich“ habe arbeiten können. Nach der Pogromnacht wurde er ins KZ Buchenwald verschleppt. Zwar wurde er nach vier Wochen frei gelassen, jedoch mit einer Auflage zur Emigration ins Exil gezwungen. Sein ältester Sohn Herbert war bereits 1937 nach Argentinien emigriert, nachdem er als „Halbjude“ von der Deutschen Bank als Lehrling entlassen worden war.

Wolfgang Lauinger wurde im Januar 1940 zur Wehrmacht eingezogen, im Mai aber als „Halbjude“ wieder entlassen. In Frankfurt am Main schloss er sich dem „Harlem-Club“ an, einem lockeren Zusammenschluss von „Swingkids“. Mit ihren langen Haaren, ihrer ungewöhnlichen Bekleidung, den teilweise auf Englisch geführten Gesprächen und ihrer Liebe zum Swing hatten die jungen Leute der Frankfurter Swing-Szene bereits mehrfach die Aufmerksamkeit der Gestapo auf sich gezogen. Auch der „Harlem-Club“, der sich in der Öffentlichkeit traf, wurde beobachtet. Im Herbst 1941 wurde als erster aus der Gruppe der damals 16-jährige Franz Kremer verhaftet. Er wurde zwei Monate lang verhört und geschlagen: Er sollte gestehen, dass der „Halbjude“ Wolfgang Lauinger homosexuell sei, verriet den Freund aber nicht. Nach dem Tod seines Großvaters wurde Franz Kremer aus der Haft entlassen. Anfang Dezember 1941 wurden weitere Jugendliche aus dem „Harlem-Club“ zur Gestapo vorgeladen, darunter auch Wolfgang Lauinger. Gegen sie wurde wegen des Hörens von „Feindsendern“ und anglophiler Tendenzen ermittelt. Bis zu seinem Prozess im März 1942 saß Wolfgang Lauinger in Einzelhaft im Gefängnis in der Frankfurter Klapperfeldgasse und wurde immer wieder verhört. Da weder die Verhöre noch Hausdurchsuchungen zu einem „brauchbaren“ Ergebnis führten, wurde er schließlich wegen illegalen Glücksspiels und des Besitzes von einem Stück Leder zu drei Monaten Haft verurteilt. Rechnet man die Untersuchungshaft hinzu, saß er damals insgesamt sieben Monate im Gefängnis.

Nach seiner Freilassung im Juni 1942 tauchte Wolfgang Lauinger unter: Er wurde erneut von der Gestapo gesucht. Im August vertraute er sich seiner in Baden-Baden lebenden, leiblichen Mutter an, deren Lebensgefährte ihm eine Arbeit in Pforzheim besorgte. 1944 wurde er ein weiteres Mal von der Gestapo verhört, nachdem er seinen Freund Josef Steingass aus dem Gefängnis in Frankfurt befreit hatte, doch auch dieses Mal konnte ihm nichts nachgewiesen werden.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebte Wolfgang Lauinger wieder in Frankfurt am Main. 1950 wurde er aufgrund der Aussage des Strichjungen Otto Blankenstein wegen des Verdachts auf Verstoß gegen den Paragrafen 175 erneut verhaftet (siehe auch Frankfurter Homosexuellenprozesse). Er saß für sechs Monate ohne Anklage in Einzelhaft. Aus der Haft heraus wandte er sich an seinen aus der Emigration zurück gekehrten Vater und den damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss: Beide versagten ihm ihre Hilfe. Im Februar 1951 kam es schließlich zum Prozess, in dem er freigesprochen wurde.

Wolfgang Lauinger gehörte zu den Gründern des Jugendbildungswerks Balduinstein. Er führte zahlreiche Veranstaltungen insbesondere mit Jugendlichen durch, in denen er von seinen Erfahrungen berichtete. Bildung sah er als ein Mittel an, Demokratie zu fördern und zu bewahren. Er forderte vor allem die Rehabilitierung der verurteilten 175er und eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Rolle von Nationalsozialisten und nationalsozialistischem Gedankengut insbesondere in der Justiz der frühen Bundesrepublik.

Wolfgang Lauinger war Träger der Johanna-Kirchner-Medaille und des Bundesverdienstkreuzes. Er war Ehrenbürger seiner langjährigen Heimatgemeinde Balduinstein.

Wolfgang Lauinger starb in der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 2017 im Schlaf. Der hessische Staatssekretär und Beauftragte für Integration und Antidiskriminierung des Landes Hessen, Kai Klose, bedauerte den Tod von Wolfgang Lauinger und die nicht erfolgte Rehabilitierung.

Wolfgang Lauinger

21.12.2017 um 10:03 Uhr von Redaktion

1918 in ZürichSchweiz; † 20. Dezember 2017 in Frankfurt am Main[1]) war ein Zeitzeuge, der im Nationalsozialismus als SwingkidHomosexueller und „Halbjude“ verfolgt wurde. Auch nach der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus war für ihn die Verfolgung nicht zu Ende: 1950 wurde er wegen eines vermuteten Verstoßes gegen den § 175 erneut inhaftiert.

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